Jens Wietschorke: Schach. 100 Seiten

In der thematisch sehr weit gestreuten Reihe „100 Seiten“ des Reclam Verlages mit bereits über 100 Bänden ist nun auch ein Büchlein über das Schachspiel erschienen. Dabei hat der Verlag mit dem Autor eine sehr glückliche Wahl getroffen, da man mit Jens Wietschorke einen aus Sicht des Spitzenschachs eher unbedeutenden, dafür aber publizistisch sehr erfahrenen und begabten Autor gefunden hat. Wietschorke ist Kulturwissenschaftler an der LMU München und war ein aktiver Vereinsspieler für den SK Caissa Augsburg. Er kann also schreiben und Schach spielen.

Entsprechend gelungen ist das Büchlein: Es gibt einen sehr guten kurzen Überblick über das Schachspiel, sowohl was die geschichtliche Entwicklung oder die Weltmeister als herausragende Repräsentanten des Spiels als auch was die aktuellen Entwicklungen nicht nur als Online-Spiel, sondern überhaupt als kulturelles Internetphänomen angeht. Im Einzelnen hat natürlich der Leser unweigerlich die ein oder andere Vorstellung oder würde einiges anders gewichten, aber das sind reine Geschmacksfragen. Ich zum Beispiel hätte auf die eher nichtssagende Doppelseite 30/31 verzichtet und stattdessen eine knappe Erläuterung der Schachnotation eingefügt, was es auch Einsteigern ermöglicht hätte, die vorgestellten Partien und Partiefragmente nachzuvollziehen. Auch hätte ich wenigstens zwei oder drei Sätze mehr zur Rolle des Schachspiels im europäischen Mittelalter gesagt, statt die europäische Geschichte des Schachs erst mit der Neuzeit beginnen zu lassen. Aber wie schon gesagt: Solche Kritik ist geschmäcklerisch.

Eine gut geschriebene, kurze, unterhaltende und informative Lektüre für einen verregneten Tag, sowohl für Kulturinteressierte als auch für Schachspieler, die ihren Horizont ein wenig erweitern möchten.

Jens Wietschorke: Schach. 100 Seiten. Ditzingen: Reclam, 2025. Broschur, 105 Seiten. 12,– €.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert