Hans Blumenberg: Die Sorge geht über den Fluß

Von einem Ausgangspunkt zu einem Zielpunkt gibt es nur einen kürzesten Weg, aber unendlich viele Umwege. Kultur besteht in der Auffindung und Anlage, der Beschreibung und Empfehlung, der Aufwertung und Prämierung der Umwege.

Eine weitere Sammlung kurzer und kürzester Essays Hans Blumenbergs. Die meisten werden wohl für Zeitungen und Zeitschriften geschrieben worden sein, doch leider fehlt dem Buch jeglicher Nachweis der Erstveröffentlichungen. Geordnet ist das Material recht locker in fünf Gruppen, die selbst wiederum nur auf einer sehr abstrakten Ebene miteinander zu tun haben. So beschäftigt sich das erste Kapitel mit Fällen von anekdotischer oder metaphorischer Seenot, das zweite widmet sich Problemen des Sinnverlustes, das dritte geht Redeweisen vom Grund und Boden nach, das vierte spricht von religiösen oder metaphysischen Weltordnungen und das letzte schließlich über die titelgebende Sorge.

Auch die Spannbreite der Reflexion ist hoch: Von der nacherzählten und dann knapp konterkarierten Anekdote bis zur ebenso scharfen wie kurz angebundenen philosophischen Ohrfeige ist alles vertreten, fast immer auch für den philosophisch interessierten Laien mit Gewinn zu lesen. Manches gerät Blumenberg geradezu prophetisch:

Doch nein: unsere Zitierer […] würden gar nicht erst feststellen können, daß sie falsch zitiert  hätten. Das Zitat war schon falsch bei dem, nach dem sie zitiert hatten.

Hans Blumenberg: Die Sorge geht über den Fluß. Bibliothek Suhrkamp 965. Frankfurt/M.: Suhrkamp, 1987. Pappband, Fadenheftung, 227 Seiten. 11,– €.

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