Kleine Geschichte der Zeitrechnung …

holford-streven_zeitrechnun … und des Kalenders. Eine kurze, dichte und informative Einführung in das Gebiet von Leofranc Holford-Strevens, einem der beiden Autoren des hervorragenden Oxford Companion to the Year. Behandelt werden alle wichtigen Details der bedeutenden Kalendersysteme von der Antike (inklusive des präkolumbischen Kalenders Mittelamerikas) bis in die Neuzeit; selbst einige afrikanischen Besonderheiten finden Erwähnung. Das Kapitel zur Historie der Osterberechnung ist das ausführlichste und beste, das ich bislang in einer vergleichbaren Veröffentlichung gelesen habe. Ebenso findet man wohl nirgendwo sonst eine so knappe und zugleich detaillierte chronologische Darstellung der Einführung des Gregorianischen Kalenders in Europa.

Für alle, die sich für verschiedene Kalendersysteme interessieren oder mit ihnen im Sinne einer Hilfswissenschaft umgehen müssen, stellt diese Einführung eine kleine und preiswerte Alternative zum Oxford Companion dar, natürlich ohne diesen ersetzen zu können. Aber auf sehr viele Fragen wird man schon hier eine Antwort finden.

Leofranc Holford-Strevens: Kleine Geschichte der Zeitrechnung und des Kalenders. Aus dem Englischen übersetzt von Christian Rochow. RUB 18483. Stuttgart: Reclam, 2008. 192 Seiten. € 5,–.

Katze, Katze – Tatze, Tatze

katzenkalender2007Es gibt – abgesehen von den Übrigen – im Grunde nur drei große Gruppen von Menschen: Hundemenschen, Katzenmenschen und jene gesegneten Exemplare, die mit beiden leben können und wollen. Für die letzten beiden Gruppen stellt der Verlag Schöffling & Co. seit über zehn Jahren seinen »Literarischen Katzenkalender« her. Er ist für jede Woche im Jahr gerade richtig: jeweils ein Blatt mit einem ausgesuchten Katzenbild und einem Zitat, Sprichwort oder Bonmot – gerade kurz genug, dass man sich nicht daran satt sieht, und gerade lang genug, dass man Zeit hat, Bild und Text wirklich auszukosten.

Ich verfolge den »Literarischen Katzenkalender« nun seit einigen Jahren und jedes Jahr erwarte ich, dass er nun eigentlich nachlassen müsste. Soviel gute Katzen-Fotos kann es doch nicht geben und die Zitate müssten denen bei Schöffling & Co. doch auch langsam ausgehen. Und jedes Jahr ist der Kalender wieder eine Freude. Sicher: Hier und da schmuggeln sie ein Zitat ein, dass nur indirekt mit Katzen zu tun hat, so etwa einige Verse aus Goethes »Zauberlehrling« zu einem Bild, auf dem nur ein Katzeschwanz über den Rand einer Badewanne lugt, aber auch in diesen Fällen überzeugt immer die Kombination von Bild und Text.

Und gleich auf dem nächsten Blatt liegt ein junger, frecher Katz in einer halboffenen Schublabe und darunter steht:

Cyril blinzelte träge und begab sich wieder an seine Morgentätigkeit, Racers Schublade auszuleeren. Als der Kater fertig war, hob er den Kopf, als ob die Aufgabe ihn nun langweile.

Martha Grimes

Wer ihn nicht selbst gebrauchen möchte, sollte ihn wenigstens verschenken; ich habe es mir dieses Jahr ausgebten, dass ich nach Ablauf des Jahres den alten Kalender im Tausch gegen den fürs neue Jahr zurückbekomme. Ich werde mir eine kleine Sammlung anlegen, denn die Kalender sind wie kleine Bildbände, die man auch Jahre später noch einmal mit Freude durchblättert. Für jede und jeden, die/der eine Katze hat, gerne eine hätte oder eine haben sollte!

Der literarische Katzenkalender 2007. Schöffling & Co. 56 Blatt. Spiralbindung. 19,90 €.

P.S.: »Der Literarische Katzenkalender« hat auch eine eigene Homepage.

Der Große der Kleinen

LK 07Seit mehr als 50 Jahren liefert Reclam, Stuttgart, jedes Jahr seinen kleinen Literaturkalender, der auf etwas mehr als 100 Seiten die literarischen Geburts- und Gedenktage des kommenden Jahres versammelt und zu einer Auswahl der wichtigsten Jubiläen kurze Autorenporträts und Textausschnitte liefert: Eine Einstimmung auf das kommende Lesejahr und eine angenehme Anregung zu der einen oder anderen (Wieder-)Lektüre. Und ein literarisches Jubiläums-Rätsel gibt es obendrein.

Natürlich steht im nächsten Jahr Joseph von Eichendorff auf dem Programm, dessen 150. Todestages wir gedenken. Als einer der langlebigsten Romantiker hatte er zu Ende seines Lebens seine Zeit derartig überlebt, dass ihn einige Lexika bereits voreilig für tot erklärt hatten. 2007 wäre eine gute Gelegenheit, wieder einmal in einer Gedichtsammlung Eichendorffs zu blättern oder die lang zurückliegende Schullektüre des »Taugenichts« durch die des Romans »Dichter und ihre Gesellen« zu ergänzen.

Bei den neueren Autoren wird ausführlich auf Martin Walsers 80. Geburtstag hingewiesen, und wir erfahren, dass Peter Handke, in den wilden Jahren um 68 herum als revolutionär-konservativ- individualistisches Alternativprogramm gestartet, endlich das Rentenalter erreicht, von dem sein Werk seit vielen Jahren Zeugnis ablegt. Aber auch an den ersten Todestag von Robert Gernhardt, den wir gern noch ein paar Jahre mehr bei uns gehabt hätten, wird erinnert.

Unter den nicht ganz so populären Autoren fällt der 200. Geburtstag von Friedrich Theodor Vischer ins Gewicht: Der schwäbische Philosophie-Professor hatte neben der Arbeit an seiner umfangreichen »Aesthetik« noch Zeit für mancherlei gefunden: Umfangreiche Vorlesungen zu Shakespeare, den autobiographisch unterfütterten Roman »Auch Einer«, in dem er »die Tücke des Objekts« erfunden hat, und der einzigen, wirklich gelungenen Parodie des Goetheschen Faust: »Faust, der Tragödie dritter Teil. Treu im Geiste des zweiten Teils des Goetheschen Faust gedichtet von Deutobold Symbolizetti Allegoriowitsch Mystifizinsky«, in der er sich nicht nur über den Goetheschen Text, sondern auch über die Goethe-Forscher seiner Zeit lustig macht. Vielleicht entschließt sich ja im Jubiläums-Jahr ein Verlag, einmal wieder Vischers »Kritische Gänge« aufzulegen.

Man sieht: Der kleine Literaturkalender von Reclam liefert so manche Anregung und Gelegenheit zum Schmökern. Man kann ihn ein Jahr lang in der Tasche tragen und immer mal wieder einen Blick hineinwerfen und einige Seiten lesen. Ein kleines Buch fürs ganze Jahr, und das für nur 2,60 €.

Reclams Literatur Kalender 2007 (53. Jahrgang). RUB 18436. Broschiert, 128 Seiten. 2,60 €.