Allen Lesern ins Stammbuch (106)

Der Triumphwagen der Zivilisation ist grausam, wie jener des Götzenbildes von Jaggernat. Begegnet er auch manchmal einem Herzen, das weniger leicht zu zermalmen ist, so ist das Hemmnis doch bald überwunden, und weiter geht der große Siegeszug. So werdet auch ihr es machen, die ihr dieses Buch in eurer weißen Hand haltet, euch im behaglichen Sessel zurücklehnt und bei euch denkt: ›Hoffentlich ist die Geschichte unterhaltend!‹ Nachdem ihr das heimliche Elend des Vaters Goriot gelesen habt, werdet ihr mit Appetit zu Mittag speisen und eure Gefühllosigkeit auf Rechnung des Autors setzen, werdet ihn der Übertreibung, der Phantasterei bezichtigen. O wißt es nur: dieses Drama ist weder eine Erfindung noch ein Roman, ›All is true‹; es ist so wahr, daß jeder bei sich selbst, in seinem eigenen Herzen vielleicht, die Grundelemente findet, aus denen es entstanden ist.

Honoré de Balzac
Vater Goriot

2 Gedanken zu „Allen Lesern ins Stammbuch (106)“

  1. Und was machen Balzac und Herr Bonaventura,
    wenn ich den Père Goriot gar nicht lese……?
    Dann ist diese ganze Ins-Stammbuch-Schreiberei für die KATZ…….. 🙁
    Nur die eigenen Leser beschimpfen,
    weil die so eilfertig, so unklug waren, den Balzac-Roman zu lesen?

    Irgendwie fremdartig……..

  2. Anthropisches Prinzip: Man kann nur Menschen in einem Universum beschimpfen, das die Existenz von Menschen überhaupt zulässt. Das sind die ontologischen Beschränkungen, mit denen wir uns leider abfinden müssen. Aber Wissenschaftler arbeiten schon daran, dass wir eines Tages auch Menschen beschimpfen können, die aufgrund der Naturgesetze nicht existent sein können.

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