A. C. Grayling: Die Grenzen des Wissens

… unser Denken und Fühlen ist [sic!] immer noch verteufelt primitiv, wir führen immer noch Kriege, zanken uns, glauben Unsinn, vertun unser kurzes Leben mit Trivialitäten …

Cover

Eigentlich könnte man den obenstehenden Motto-Text zitieren und es dabei belassen. Das Buch ist eine weitere der so beliebten Mogelpackungen unserer Sachbuch-Kultur, denn in der Hauptsache geht es in diesem Buch nicht um die Grenzen des Wissens (the frontiers of knowledge), sondern um eine der üblichen populistisch gehaltenen Nacherzählungen des aktuellen Wissenstandes und seiner Heraufkunft, diesmal begrenzt auf Technik und Physik (die beiden müssen herhalten für die Naturwissenschaft insgesamt), Geschichte und Vorgeschichte sowie Hirnforschung und Psychologie. Der Autor rät selbst dazu an, dass jene, die schon über Kenntnisse der Gebiete verfügen, die darstellenden Teile überspringen sollten, wobei diese Teile tatsächlich kaum mehr bringen als man an sieben Tagen bei ZDF info auch erfahren kann (falls nicht gerade mal wieder ägyptische Woche ist).

Was die Frage nach den Grenzen des Wissens angeht, so gibt Master Grayling zwar zu, dass man solche vermuten könnte, aber man sollte besser nicht an sie glauben:

Aufgrund der genannten Probleme sagen manche Denker, es gäbe Dinge, die wir niemals wissen könnten: Fragen etwa, die die Beschaffenheit des Bewusstseins betreffen, könnte nie beantwortet werden, weil der Versuch, sie zu beantworten, dem Versuch eines Auges gliche, sich selbst zu sehen. Aber das ist ein Argument, das auf Resignation hinausläuft und das kein Forscher akzeptieren sollte. Wäre die Frage »Gibt es Grenzen des Wissens?« sinnvoll, so ist sie bestenfalls defätistisch, da sie implizieren würde, dass es solche Grenzen geben könnte. Doch sie ist nicht sinnvoll, da sie nicht beantwortbar ist – sie könnte nur beantwortet werden, wenn es uns, was in sich widersprüchlich ist, gelänge, die Grenzen des Wissens zu überschreiten und auf sie zurück zu blicken, um zu sehen, wo sie liegen.

S. 20 f.

Damit wäre das auch geklärt. Mehr sollte man von diesem Denker nicht erwarten.

A. C. Grayling: Die Grenzen des Wissens. Was wissen wir von dem, was wir nicht wissen. Aus dem Englischen von Jens Hagestedt. Stuttgart: Hirzel, 2023. Pappband, 445 Seiten. 34,–€.