Moskau–Baden-Baden–Petersburg

Zypkin_Baden-BadenSchon im letzten Jahr in den Bestseller- und Besten-Listen gewesen, aber sicherlich zu Recht: Leonid Zypkin »Ein Sommer in Baden-Baden«. Der Roman spielt im Wesentlichen auf zwei Ebenen: Auf der ersten fährt ein Ich-Erzähler mit dem Zug von Moskau nach Petersburg, um dort eine alte Bekannte zu besuchen und das Haus zu photographieren, in dem Dostojewskij seine letzten Lebensjahre verbracht hat, auf der zweiten entwirft der Erzähler auf der Grundlage des Tagebuchs von Dostojewskijs zweiter Ehefrau Anna Grigorjewna eine Vision von der Flucht des jungvermählten Ehepaars Dostojewskij nach Deutschland und der Reise nach Baden-Baden, wo der Schriftsteller hofft, durch einen Gewinn im Kasino der Schuldenfalle entkommen zu können, in die ihn der Tod seines Bruders und der nachfolgende Bankrott des gemeinsamen Zeitschriftenprojekts gebracht haben.

Der Roman brilliert in den Passagen, die Dostojewskijs Spielsucht thematisieren und das kontinuierliche Abrutschen des Ehepaars in immer drängendere finanzielle Not, weil »Fedja«, wie alle obsessiven Spieler, natürlich nicht aufhören kann, wenn er gewinnt, sondern solange am Roulette bleibt, bis auch der letzte Kreuzer wieder einmal der Bank gehört. Diese Passagen bilden den Kern des Buches und werden im letzten Teil durch eine intensive Beschreibung der letzten Lebenstage Dostojewskijs ergänzt. Ansonsten stehen die Ehe Dostojewskijs und sein »schwieriger Charakter«, um es einmal vorsichtig auszudrücken, im Zentrum der Darstellung.

Stilistisch ist das Buch etwas gewöhnungsbedürftig, da es in sehr langen, durch Gedankenstriche gegliederten Sätzen geschrieben ist, die den Gedanken- und Assoziationsstrom des Erzählers sicherlich gut wiedergeben – nur einlesen muss man sich eben eine Weile lang. Man bemerkt dann aber rasch, dass die Bild- und Gedankenfolgen durchaus präzise sind, und nach einigen zwanzig Seiten stören einen die endlosen Haupt- und Nebensatzfolgen nicht mehr länger.

Das Buch erfüllt sicherlich zwei Zwecke: Es macht neugierig auf den Menschen Dostojewskij, und es reizt dazu, seine Romane zu lesen. Immer wieder streut der Erzähler Andeutungen und Fragmente aus den Werken ein, stellt eine Romanfigur vor, lässt Zusammenhänge aufblitzen. Das ist sehr geschickt gemacht und erinnerte mich in der Wirkung an Julian Barnes’ »Flaubert’s Parrot«.

Alles in allem ein rundum empfehlenswertes Buch, sowohl für gestandene Dostojewskij-Leser als auch für die, die neugierig auf diesen so unklassichen russischen Klassiker sind. Nur zwei Dinge haben mich geärgert: Zum einen, dass man meinte, dem Buch eine Einführung durch Susan Sontag vorweg stellen zu müssen; gegen ein Nachwort dieser weithin überschätzten Essayistin wäre nichts zu sagen, aber warum muss man Frau Sontag vorlaut an den Anfang stellen, als habe der Roman dies nötig? Und die Verarbeitung der mir vorliegenden Ausgabe der Büchergilde Gutenberg ist einfach schlecht: Nicht nur ist der Buchblock miserabel gelumbeckt, sondern zudem läuft das Vorsatzpapier falsch herum, so dass sich der Buchdeckel, nachdem man die heute unvermeidlichen Plastikhülle entfernt hat, widerstrebend aufbäumt. Solche »Qualität« hat es früher bei der Büchergilde nicht gegeben.

Leonid Zypkin: Ein Sommer in Baden-Baden. Aus dem Russischen von Alfred Frank. Lizenzausgabe der Büchergilde Gutenberg, 2006. Berlin Verlag, 2006. Leinen, 238 Seiten. 16,90 €, im Originalverlag: 19,90 €.

Das kongolesische Zebra

carre_zebraNach sicherlich mehr als 20 Jahren wieder einmal einen John le Carré gelesen; eigentlich sollte es »The Constant Gardener« werden, auch weil mir der Film recht gut gefallen hatte, aber dann ist mir »Geheime Melodie« in die Hand gefallen, und die Faulheit hat mich dazu getrieben, das deutsche statt des englischen Buchs zu lesen.

Worum geht’s? Bruno Salvador, ein im Kongo von einem Missionar gezeugter und dann als vorgebliche Waise in einem Kinderheim unter der Aufsicht seines ihn verleugnenden Vaters aufgewachsener junger Mann mit großem Sprachtalent wird in England Dolmetscher für diverse bekannte und unbekanntere afrikanischische Sprachen. Er wird vom englischen Geheimdienst engagiert und gerät so eines Tages auf eine geheime Konferenz, auf der divergierende Interessengruppen des Kongos versuchen, unter der Leitung des alternden, chrasmatischen Führers Mwangaza einen Staatsstreich in einer Teilregion des Kongo zu organisieren. Treibende Kraft hinter diesem Komplott ist ein anonymes Konsortium, das sich im Gegenzug für die zur Verfügung gestellten Waffen an den Bodenschätzen des Kongo bereichern will.

Bruno Salvador nutzt am Ende der Konferenz eine Gelegenheit mehrere Cassetten mit Mitschnitten der Konferenz zu stehlen, in der Absicht, einen neuerlichen Krieg im Kongo zu verhindern. In dieses Vorhaben wird auch Brunos neue Freundin Hannah verstrickt, die er erst am Tag vor der geheimen Konferenz kennengelernt hat. Auch sie stammt aus dem Kongo und ist eine Bewunderin des Mwangaza. Nach einige nicht sehr spannenden Verwicklungen endet der versuchte Staatsstreich in einem Desaster und Hannah und Bruno werden in den Kongo abgeschoben. Dort wird alles gut.

Ja und? Ein routiniert geschriebener, nicht sehr spannender Roman, der weder in den Haupt- noch in den Nebenfiguren besonders überzeugt. Der Ich-Erzähler ist eine höchst naive Figur, die sich überrascht sieht, dass alle Personen, von denen er Hilfe erwartet, mehr oder weniger in die Abläufe verstrickt sind, obwohl er zuvor schon weiß, dass sie mehr oder weniger in die Abläufe verstrickt sind. Die interessanteste Figur des Buches, Hannah, kommt nur auf etwa 10 % der Seiten überhaupt vor und ist dann auch noch seitenweise mit irgendwelchen Liebeshändeln beschäftigt. Wenn sie schließlich auf offener Straße entführt wird, stellt sich dies als wesentlich harmlos heraus. Überhaupt scheint das Buch von der realistischen Annahme auszugehen, dass »Helden« nicht nur überflüssig, sondern gänzlich unglaubwürdig sind. Das wenigstens könnte man goutieren.

Immerhin ist es erstaunlich, dass le Carré mit weit über 70 Jahren noch die Mühe auf sich nimmt, Romane zu schreiben. Vielleicht lege ich in Kürze »The Constant Gardener« wenigstens mal auf den Nachttisch.

John le Carré: Geheime Melodie. Aus dem Engl. von Sabine Roth und Regina Rawlinson. List, 2006. Pappband, 415 Seiten. 22,– €.

Aus dem Leben eines Taugenichts

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Reclam bringt zum Eichendorff-Jahr (der 26.11.2007 ist der 150. Todestag Eichendorffs) eine wunderhübsche illustrierte Neu-Ausgabe dieses Textes, der wahrscheinlich mit zu den meistgedruckten und am häufigsten illustrierten der deutschsprachigen Literatur gehört. Hans Traxler hat neben dem bedruckten Leineneinband auch das Vorsatzpapier gestaltet und 19 großformatige Bilder zum »Taugenichts« geliefert. Die Zeichnungen entsprechen in ihrer vordergründigen Einfachheit und leichten Ironie ganz wundervoll der zwischen artistischer Raffinesse und volkstümlichem Ton gespannten Erzählung Eichendorffs.

Der »Taugenichts« erfreut sich seit seinem Erscheinen 1826 bei Lesern einer beinahe durchgängigen Beliebtheit. Auch zahlreiche nachgeborene Schriftsteller haben sich lobend über Eichendorffs erzählerisches Meisterstück geäußert. Diese breitgestreute positive Resonanz (aus der eigentlich nur die Germanistik des ausgehenden 19. Jahrhunderts ausschert, die mit Eichendorffs Prosa kaum etwas anzufangen weiß) deutet daraufhin, dass hier nicht nur ein populärer Ton getroffen wurde, sondern auch artistisch etwas Besonderes gelungen ist.

Eichendorff hat in seinem »Taugenichts« zahlreiche literarische Tendenzen und Moden seiner Zeit sowohl inhaltlich als auch formal einfließen lassen: Passagenweise liest sich der Text wie ein »modernes« Märchen, andere Passagen haben deutlich den Charakter eines Traumtextes:

In diesem Schlosse ging es mir wunderlich. Zuerst, wie ich mich in der weiten kühlen Vorhalle umschaue, klopft mir jemand mit dem Stocke auf die Schulter. Ich kehre mich schnell um, da steht ein großer Herr in Staatskleidern, ein breites Bandelier von Gold und Seide bis an die Hüften übergehängt, mit einem oben versilberten Stabe in der Hand, und einer außerordentlich langen gebogenen kurfürstlichen Nase im Gesicht, breit und prächtig wie ein aufgeblasener Puter, der mich fragt, was ich hier will. Ich war ganz verblüfft und konnte vor Schreck und Erstaunen nichts hervorbringen. Darauf kamen mehrere Bedienten die Treppe herauf- und heruntergerannt, die sagten gar nichts, sondern sahen mich nur von oben bis unten an. Sodann kam eine Kammerjungfer (wie ich nachher hörte) gerade auf mich los und sagte: ich wäre ein scharmanter Junge, und die gnädige Herrschaft ließe mich fragen, ob ich hier als Gärtnerbursche dienen wollte? – Ich griff nach der Weste; meine paar Groschen, weiß Gott, sie müssen beim Herumtanzen auf dem Wagen aus der Tasche gesprungen sein, waren weg, ich hatte nichts als mein Geigenspiel, für das mir überdies auch der Herr mit dem Stabe, wie er mir im Vorbeigehn sagte, nicht einen Heller geben wollte. Ich sagte daher in meiner Herzensangst zu der Kammerjungfer: »Ja«; noch immer die Augen von der Seite auf die unheimliche Gestalt gerichtet, die immerfort wie der Perpendikel einer Turmuhr in der Halle auf und ab wandelte, und eben wieder majestätisch und schauerlich aus dem Hintergrunde heraufgezogen kam.

Wieder andere – so etwa das Künstlerfest in Rom – tragen eindeutig den Charakter einer Gesellschaftssatire, während sich noch andere als Literaturparodien auf den Entwicklungsroman oder die Trivialromane des frühen 19. Jahrhunderts lesen lassen. Zugleich steckt der »Taugenichts« voller literarischer Anspielungen: Unfraglich ist der Held zugleich auch ein fahrender Minnesänger; er ist ein bürgerlich gewendeter Parsival, der reine Tor, der der Verführung durch Frau Venus widersteht. Er ist aber auch ein verkehrter Wilhelm Meister, dem der Gang durch die Welt gar nichts nützt und der am Ende unverwandelt von einer praktischen Frau ins bürgerliche Leben hinübergeführt wird.

Alle diese divergenten Elemente hat Eichendorff unter einer scheinbar harmlosen, wohlgefälligen und unanstößigen Geschichte vereint, ohne dass sie einander behindern oder stören. Alles scheint mit leichtester Hand gearbeitet, nichts wirkt gezwungen, nirgends merkt man dem Text die Mühe und Sorgfalt des Autors an. Sicherlich verführt diese glatt gearbeitete Oberfläche auch dazu, den Text zu unterschätzen; aber auch das mag der Absicht Eichendorffs durchaus entsprechen.

Joseph von Eichendorff: Aus dem Leben eines Taugenichts. Bilder von Hans Traxler. Hg. v. Hartwig Schultz. Stuttgart: Reclam, 2007. Bedrucktes Leinen, fadengeheftet, 149 Seiten. 16,90 €.

Zum Sehen geboren, / Zum Schauen bestellt

goethe_comicDiese zweibändige Comic-Biografie Goethes ist bereits 1999 zum 250. Geburtstag erschienen; heuer, anlässlich des 175. Todestages, sind die beiden Bände zu einer Sonderausgabe zusammengefasst worden – und natürlich bin ich mit meiner Rezension für beide Jubiläen eigentlich schon zu spät. Schadet aber nichts, denn so gut ist das Ding nicht, dass einer was verpasst hätte.

Autor beider Teile ist Friedemann Bedürftig, und danach sind sie auch geraten: Insgesamt eine oberflächliche und fehlerhafte Darstellung entlang vieler Klischees und unter Auslassung wichtiger Informationen:

  • Ist es wirklich nötig, den jungen Goethe 1774 »An Schwager Kronos« in der geglätteten Fassung von 1787 rezitieren zu lassen?
  • Warum ist das Weimarer Schloss, das am 6. Mai 1774 abgebrannt ist, bei Bedürftig »vor zwei Jahren« abgebrannt, als Goethe im November 1775 in Weimar eintrifft?
  • Warum erfahren wir an keiner Stelle, dass Frau von Stein verheiratet war?
  • Warum werden für eine Szene der Walpurgisnacht Verse aus der Hexenküche zitiert?
  • Warum erfahren wir nicht, dass 1828 Großherzog Karl August stirbt?
  • Warum wird uns suggeriert, die Beschwörung des Erdgeistes, die bereits 1775 fertig war, sei Goethe im Zusammenhang mit der Exhumierung von Schillers Leichnam 1827 in den Sinn gekommen?
  • Warum wird uns als Pars pro toto für Eckermanns Gespräche mit Goethe ausgerechnet ein belangloses Gefasel über Brillen angeboten, das so nicht einmal dem tatsächlichen Gespräch vom 5. April 1830 entspricht?
  • Und warum gibt das Goethe-Institut seinen Namen für einen solchen Kram her?

Magst Priester, Weise fragen,
Und ihre Antwort scheint nur Spott
Über den Frager zu sein.

Die Zeichnungen des ersten Bandes von Christoph Kirsch sind etwas bieder und pädagogisch, während der zweite Band mit Zeichnungen von Thomas von Kummant und der Kolorierung durch Benjamin von Eckartsberg deutlich an Kraft und Ausdruck gewinnt, nicht zuletzt dadurch, dass er im Gegensatz zu Band 1 handgelettert ist.

Ach ja, da fällt mir noch ein: Über das ganze Buch hinweg herrscht ein seltsamer Mischmasch von alter und neuer Rechtschreibung; da hätte man auch mal abschließend drüberschauen können.

Alles in allem also: Inhaltlich gänzlich belanglos, graphisch im zweiten Teil durchaus ansehnlich.

Friedemann Bedürftig / Christoph Kirsch / Thomas von Kummant / Benjamin von Eckartsberg: Goethe – Zum Sehen geboren / Zum Schauen bestellt. Sonderausgabe in einem Band. Köln: Egmont, 2007. 109 Seiten. 14,– €.

»Sylvie und Bruno«

carroll_sylvieEin in mehrfacher Hinsicht merkwürdiges Buch: Es ist der umfangreichste Text von Lewis Carroll und wahrscheinlich auch einer seiner ungelesensten. Arno Schmidt hat das Buch sehr gelobt und an ihm seine These demonstriert, dass es sich bei Carroll um den »Kirchenvater aller modernen Literatur« handele, was nur eine knollige Ansicht mehr ist.

Für Arno Schmidt war das Buch wichtig, weil es ein Beipiel für das ist, was er ein »Längeres Gedankenspiel« nennt. Carroll konstruiert in »Sylvie und Bruno« einen Doppelroman, dessen beide Ebenen über den Ich-Erzähler miteinander verbunden sind: Auf der »Realitäts«-Ebene ist es eine Liebesgeschichte zwischen Arthur, einem jungen Freund des Ich-Erzählers, und Lady Muriel, die einander nach längeren Umständen endlich finden, dann wieder verlieren usw. usf. Ich will nicht zuviel verraten, wenn auch alles sehr vorhersehbar konstruiert ist. Spannend wird das Buch aber dadurch, dass der Erzähler regelmäßig in »irrliche« Zustände gerät, in denen er teils Beobachter, teils Mitspieler einer Elfenwelt ist, deren Protagonisten die Geschwister Sylvie und Bruno sind. Sylvie ist Brunos ältere Schwester, vielleicht 12 oder 13 Jahre alt, während Bruno noch ganz phantastisches Kind ist. Auf dieser zweiten Ebene herrschen ausgelassene Phantastik und Wortwitz, während die »Realität« des Romans zunehmend altbacken moralischer und bis an die Grenze des Erträglichen religiös durchtränkt wird.

Noch in einer weiteren Hinsicht ist das Buch merkwürdig zu nennen, denn obwohl es alles andere als bekannt ist, hat es seit 1980 gleich zweieinhalb Übersetzungen dieses Textes gegeben. Im Jahr 1980 erschien nämlich beim Robinson Verlag der erste Band des auch im Englischen zweibändigen Werkes in einer Übersetzung von Michael Walter. Sie trägt den ein wenig schmidtsch anmutenden Titel »Sylvie & Bruno. Eine Historie« und hat die weitere Merkwürdigkeit, dass gemäß Arno Schmidts Vorstellung vom »Längeren Gedankenspiel« die beiden Ebenen des Buches auch drucktechnisch kenntlich gemacht wurden: Behandelt der Text die »Realität«, so rückt der Textblock an den linken Rand der Seite, erzählt er von der Elfenwelt, so rückt er nach rechts. Das ist ohne Frage nach dem Vorbild von Schmidts Roman »Kaff auch Mare Crisium« so gestaltet worden. Offenbar war das Buch bei Robinson kein Erfolg, denn der zweite Band ist dort nie erschienen.

Einige Jahre später lieferte dann Goldmann eine vollständige deutsche Ausgabe in der Fassung Dieter H. Stündels unter dem etwas reißerischen Titel »Sylvie & Bruno. Ein phantastischer Nonsense-Roman«; mag sein, dass der Übersetzer am Untertitel unschuldig war, denn diese Übersetzung ist dann 1994 bei Häusser in Darmstadt nochmals gedruckt worden, nun allerdings mit dem ebenso frei erfundenen Untertitel »Die Geschichte einer Liebe«.

Und als sei dies alles nicht genug, hat im vergangenen Jahr dtv eine weitere Ausgabe vorgelegt, diesmal unter dem gänzlich unauffälligen Titel »Sylvie und Bruno. Eine Geschichte« und wieder in einer Übersetzung durch Michael Walter, der allerdings diesmal für die zahlreichen Gedichte des Buches auf die Mitarbeit von Sabine Hübner gebaut hat. Besonders wird diese Ausgabe durch die Tatsache, dass Walter den Text offensichtlich komplett neu übersetzt hat. Seine neue Übersetzung unterscheidet sich in Wortwahl und Duktus prägnant von der früheren, und wir haben hier den seltenen Fall, die zeitliche Verwerfung von 25 Jahren in der Entwicklung eines Übersetzers studieren zu können. Man möchte fast sagen: Schade, dass dies nicht an einem besseren Buch geschehen ist als gerade an Carrolls »Sylvie und Bruno« – aber man kann nicht alles haben.

Auch in der Neuübersetzung Walters ist das Buch für den modernen Leser nicht wirklich zu retten, wenn man einmal von eher theoretischen Annäherungen wie denen Schmidts absieht, die für Schmidts Werk sicherlich von Bedeutung sind, für den unverdorbenen unbelasteten Leser aber keine große Rolle spielen können. Die Feengeschichte des Buchs ist durchaus gelungen, und die zahlreichen Gedichte des Buches bringen die Art von Vergnügen, die man bei Carroll gewohnt ist. Was aber die »Realität« des Buches angeht, so ist sie – wie bereits angedeutet – in weiten Teilen eher hölzern und ermüdend; nur hier und da blitzt ein Gedankenspiel auf, das ahnen lässt, was Carroll möglich gewesen wäre, wenn er nicht um jeden Preis einen Roman hätte schreiben wollen. Von daher ist das Buch nur Lesern mit großer Geduld zu empfehlen oder solchen, die den Differenzen der beiden Walterschen Übersetzungen nachspüren wollen.

Lewis Carroll: Sylvie und Bruno. Eine Geschichte. Aus dem Englischen von Michael Walter und Sabine Hübner. Mit 92 Illustrationen von Harry Furniss. dtv 13289. München: dtv, 2006. 15,– €.

Der weiße Neger Wumbaba kehrt zurück

wumbaba2Axel Hacke hat eine Fortsetzung seines kleinen »Handbuchs des Verhörens« geliefert: Nach dem Erscheinen von »Der weiße Neger Wumbaba« hat Hacke in Briefen und E-Mails und auf den Lesereisen mit dem Büchlein soviel neues Material bekommen, dass er gleich zwei Nachfolgebändchen liefern wird. Der erste – »Der weiße Neger Wumbaba kehrt zurück« – ist soeben erschienen und als Abschluss der Trilogie ist »Das Vermächtnis des weißen Negers Wumbaba« geplant.

Auch diesmal versammelt Hacke wieder Fälle des Verhörens von Gedichten, Lied- und anderen Texten. Diesmal ist sogar ein hochliterarischer Fall dabei: Thomas Manns »Buddenbrooks« – aber ich wll nicht zuviel verraten. Nur soviel vielleicht noch: Hacke liefert auch eine »persönliche Hitparade deutschsprachiger Verhörsänger«, auf deren erstem Platz Herbert Grönemeyer – »The King of Wumbaba« – landet, unter anderem mit der schon klassisch zu nennenden Verhörzeile: »Sein Schamhaar liegt in meinem Bett …«!

Auch dieser Band wurde wieder kongenial von Michael Sowa in seiner typisch lakonischen und ironischen Art illustriert. Für Fans des weißen Negers Wumbaba ein absolutes Muss! Auch zum Verschenken an Leute mit Sinn für Sprachwitz nur zu empfehlen.

Axel Hacke & Michael Sowa: Der weiße Neger Wumbaba kehrt zurück. Zweites Handbuch des Verhörens. München: Antje Kunstmann, 2007. 72 Seiten, Pappband, fadengeheftet. 8,90 €.

Peter Weiss: Die Notizbücher

weiss_notizPeter Weiss gehörte unter den linken politischen deutschen Autoren nach Bertold Brecht zu den artistisch begabtesten. Seine Karriere begann er als Maler und setzte sie als Filmemacher fort, bis er 1960 mit dem hoch artifiziellen Text »Der Schatten des Körpers des Kutschers« in der Bundesrepublik als Autor Aufsehen erregte – nicht unbedingt bei einem breiten Publikum, aber bei Kritikern und Autorenkollegen, die rasch begriffen, dass sie hier so etwas wie einen Gründungstext für das vorliegen hatten, was sie später »Experimentelle Literatur« nennen sollten. Seine eigentlichen Erfolge feierte Weiss dann aber in den 60er Jahren als Dramatiker: »Die Verfolgung und Ermordung Jean Paul Marats …«, »Die Ermittlung«, »Gesang vom Lusitanischen Popanz« und »Viet Nam Diskurs« waren große nationale und zum Teil auch internationale Erfolge, die durchweg kontroverse Reaktionen hervorriefen. Erst nachdem »Trotzki im Exil« und das Stück »Hölderlin« nicht an diese Erfolge anschließen können, wandte sich Weiss enttäuscht von der Bühne ab und konzentriert sich ganz auf die erzählende Prosa.

In den Jahren von 1970 bis 1980 entstehen die drei Bände der »Ästhetik des Widerstandes«; auch sie kontrovers aufgenommen, aber unfraglich als großer Roman der 70er Jahre anerkannt. Als der letzte Band im Jahr 1981 erscheint, wird er begleitet durch die Veröffentlichung der »Notizbücher 1971–1980«, die Weiss bewusst an die Arbeitsjournale Bert Brechts angelehnt hatte. Sie liefern einen Einblick in den Entstehungsprozess der »Ästhetik des Widerstandes« und werden zu einem überraschenden Verkaufserfolg. Weiss entschließt sich deshalb, auch die Notizbücher aus dem ersten Jahrzehnt seiner schriftstellerischen Karriere entsprechend aufzubereiten. So erscheinen ein Jahr später – bereits postum – auch die »Notizbücher 1960–1971«.

Weiss-Kenner wissen schon lange, dass es sich bei den veröffentlichten Notizbüchern – trotz gegenteiliger Bekundungen von Peter Weiss – um literarische Bearbeitung der eigentlichen Quellen handelt. Die Originale liegen zusammen mit dem übrigen literarischen Nachlass von Peter Weiss im Archiv der Akademie der Künste Berlin-Brandenburg. Es handelt sich um 71 Notizbücher, darunter auch die von Weiss in den »Notizbüchern« immer wieder erwähnten »großen Notizbücher«, mit zusammen 9.700 Seiten. Mit der nun in der Digitalen Bibliothek vorgelegten Edition wird das Konvolut der Originale erstmals vollständig zugänglich gemacht.

Die Notizbücher umfassen die Zeit ab 1950 bis 1982, wobei erst ab 1962 eine weitgehend geschlossene Folge vorliegt. Weiss hatte sein Notizbuch immer dabei und hielt darin Einfälle, Briefentwürfe, Buchempfehlungen, Adressen und Telefonnummern, Skizzen etc. fest. Die elektronische Edition gibt den Text-Bestand der Notizbücher so wieder, dass er auch ohne Faksimiles gut nachvollzogen werden kann. Dort, wo Weiss Skizzen oder Illustrationen einfügt, werden die entsprechenden Seiten sowohl textlich umgesetzt als auch als Abbildung beigegeben. Auch die zahlreichen beschrifteten Lesezeichen, die Weiss benutze, um bestimmte Passagen rasch auffinden zu können, sind sorgfältig und vollständig dokumentiert. Ergänzend hat man den Text der beiden bei Suhrkamp erschienenen »Notizbücher« beigegeben, hierbei allerdings auf die zahlreichen Bilder der gedruckten Ausgaben verzichtet, was vermutlich aus lizenzrechtlichen Gründen geschah.

Diese CD-ROM-Ausgabe der Notizbücher von Peter Weiss wird für Weiss-Liebehaber und -Kenner sowie für die Weiss-Forschung ein unverzichtbares Arbeitsmittel sein. Die Vorteile der Ausgabe liegen natürlich nicht nur in den beigegebenen Erläuterungen, Tabellen und Registern, sondern auch in den für Ausgaben der Digitalen Bibliothek selbstverständlichen Vorzügen der Volltextsuche, die eine effiziente und vollständige Durchforstung des Textbestandes nach bestimmten Themen, Motiven oder Personen erst möglich macht. All dies zu einem bei einer gedruckten Ausgabe gänzlich undenkbaren Preis von nur 45,– €, der es auch dem nur beiläufig an Weiss Interessierten möglich macht, zu den Quellen vorzudringen.

Peter Weiss: Die Notizbücher. Kritische Gesamtausgabe. Herausgegeben von Jürgen Schutte in Zusammenarbeit mit Wiebke Amthor und Jenny Willner. Digitale Bibliothek Band 149. Berlin: Directmedia Publishing, 2006. 1 CD-ROM. Systemvoraussetzungen: PC ab 486; 32 MB RAM; Grafikkarte ab 640×480 Pixel, 256 Farben; CD-ROM-Laufwerk; MS Windows (98, ME, NT, 2000 oder XP) oder MAC ab MacOS 10.3; 128 MB RAM; CD-ROM-Laufwerk. Empfohlener Verkaufspreis: 45,– €.

Eine Software für Linux-User kann von der Homepage der Digitalen Bibliothek heruntergeladen werden.

Der Schatten des Windes

zafonIch habe seit langer Zeit keinen Roman dieser Art mehr gelesen, das heißt einen, der nicht mehr will, als eine spannende, geheimnisvolle Geschichte vor einem vagen historischen Hintergrund zu erzählen. Präsentiert wird eine doppelte Biographie: Die Daniel Semperes, Sohn eines Antiquars in Barcelona, der als Zehnjähriger von seinem Vater in ein Geheimnis eingeweiht wird. Sie besuchen zusammen eine verborgene Bibliothek, voller vergessener – weil unter der Franco-Diktatur verbotener – Bücher, und Daniel darf sich ein Buch mitnehmen, um es zu adoptieren und dafür zu sorgen, dass es nicht endgültig verschwindet. Zufällig wählt er den Roman »Der Schatten des Windes« von einem beinahe verschwundenen Autor namens Julián Carax aus, an dessen Biographie sich Daniels weiteres Leben erstaunlich eng anschließen wird. In der nun bald über ihn hereinbrechenden Pubertät werden der Roman und sein verschollener Autor bald zu einer Obsession Daniels, nurmehr übertroffen von seiner Liebe zu Bea Agiular. Er stört durch seine Nachforschungen bald allerlei Geheimnisse auf und verstrickt sich in einer alten tragischen und hasserfüllten Rachegeschichte.

Das Buch ist routiniert geschrieben und zeugt von der erzählerischen Potenz Zafóns. Es spielt souverän mit Mustern des Detektiv- und des Schauerromans, verfügt über eine gelinde Breite sprachlicher Stile und hat sogar Humor. Ansonsten ist es flach wie ein Bügelbrett und verfügt in etwa über den Tiefgang eines Suppentellers. Das überzuckerte Ende ist zwar schwer erträglich, doch abgesehen davon bietet das Buch eine »rattling good story« und stellt wohl das dar, was Leser gemeinhin eine Urlaubslektüre nennen.

Carlos Ruiz Zafón: Der Schatten des Windes. Aus dem Spanischen von Peter Schwaar. st 3800. Frankfurt/M.: Suhrkamp Taschenbuch Verlag, 2005. Broschur, 563 Seiten. 9,90 €.

Was geschah mit Schillers Schädel?

schmitz_schaedelUnter diesem Titel hat Rainer Schmitz, Kulturredakteur beim Focus, ein – im Sinne des Wortes – wundervolles, über 1700 Seiten mit je zwei engbedruckten Spalten umfassendes Lesebuch zur Literatur verfasst. Es kommt zwar als Lexikon daher, ist aber schon aufgrund der zum Teil obskuren Lemmata als solches nur in Einzelfällen zu gebrauchen. Aber es ist eine unerschöpfliche Fundgrube dessen, was der Untertitel verspricht: »Alles, was Sie über Literatur nicht wissen«. Einiges weiß man dann zwar doch, aber vieles eben doch nicht oder doch nicht so genau. Es ist beinahe gleichgültig, wo man das Buch aufschlägt, man setzt gleich mit dem Lesen ein und taucht ein in eine Welt von Anekdoten, skurrilen Geschichten, Wissenssplittern, Kürzestgeschichten usw. usf.

Dabei ist das Buch im Detail durchaus unzuverlässig und flüchtig geschrieben, auch finden sich schnell echte »Böcke«:

Tausendundeine Nacht. Das schönste, märchenhafteste, exotischste, orientalischste, meistübersetzte, meistillustrierte, meistverfilmte und auch vielfach vertonte (Turandot) Werk der Weltliteratur – die Erzählungen aus tausendundeiner Nacht – sind dem weltweit größten, bedeutendsten, umfangreichsten Nachschlagewerk zur Literatur – dem 22bändigen, mit 22.203 eng bedruckten Seiten gefüllten Kindlers Neues Literaturlexikon (München 1988 bis 1998) – keine einzige Erwähnung wert.

Das wäre freilich ein hübscher Fund, wenn es denn stimmen würde; tut es aber natürlich nicht. In Band 18 (Anonyma) des KNLL, also da, wo es hingehört, findet sich auf den Seiten 97 bis 101 unter dem Lemma »Alf laila wa-laila« ein ausführlicher Eintrag über die »1001 Nächte«. Der Artikel ist auch ohne Arabisch-Kenntnisse gut zu finden, wenn man in dem richtigen Register des KNLL, nämlich dem für »Anonyme Werke«, nach »Tausendundeine Nacht« sucht.

Aber solche Fehler und auch die in manchen Fällen unkritische Übernahme von Gerüchten, literarischen Legenden und offensichtlich erfundenen Anekdoten tun dem Buch wenig Abbruch: Es ist ein Märchenbuch für Literaturbeflissene, ein Lesebuch für die Zeit zwischen zwei Romanen, ein Band zum Schmökern und eine wahre Fundgrube von Anregungen, Verweisen und Lesetipps. Nur als Nachschlagewerk sollte man es eben nicht benutzen. Darf in keinem »echten« Bücherschrank fehlen!

Rainer Schmitz: Was geschah mit Schillers Schädel? Alles, was Sie über Literatur nicht wissen. Frankfurt/M.: Eichborn, 2006. Pappband, 1827 Seiten, zwei Lesebändchen. 39,90 €.

Christoph Hein: In seiner frühen Kindheit ein Garten

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Eine Zweitlektüre, diesmal gekontert durch das Buch »Der letzte Mythos der RAF« von Butz Peters. Die entscheidende Schwierigkeit im Umgang mit Heins Text ist damit zugleich markiert: Der Leser ist bei einer unbelehrten Lektüre dazu geneigt, Heins Darstellung des Todes der fiktiven Figur Oliver Zurek für die Wirklichkeit des Todes von Wolfgang Grams zu halten. Ein solcher Zugriff – wie er etwa auch Peters’ Verständnis des Romans zugrunde zu liegen scheint – verstellt wahrscheinlich eher den Blick auf das wesentliche Thema des Buches. Am besten löst man sich bei der Lektüre – so schwer das auch immer fallen mag – gänzlich von der Frage, was in Bad Kleinen »wirklich« geschehen ist.

Hein erzählt in der Hauptsache die Geschichte Dr. Richard Zureks, eines pensionierten Oberstudiendirektors, und seiner Familie, nachdem einer der Söhne bei einem Zugriff von Polizei und GSG 9 ums Leben gekommen ist. Die Umstände seines Todes und die anschließende Behandlung des Falles in dem Medien entsprechen in weiten Teilen denen, die den Tod von Wolfgang Grams in Bad Kleinen im Jahr 1993 begleitet haben. Dabei vermeidet Hein sorgfältig jede Tatsachenfeststellung zu den realen Ereignissen in Bad Kleinen. Allerdings ist der Roman weitgehend in der personalen Perspektive Richard Zureks erzählt, der bis zum Ende des Romans davon überzeugt ist, dass sein Sohn in »Kleinen« von einem GSG-9-Mitglied erschossen worden ist. Diese perspektivische Beschränkung, die für die Intention des Romans wesentlich erscheint, bringt es mit sich, dass es sich leicht als ein Plädoyer für die These von der Ermordung Wolfgang Grams’ mißverstehen lässt – was denn auch in der Vergangenheit ausführlich geschehen ist.

Tatsächlich dürften aber nicht diejenigen Texteile die wesentlichen sein, die mehr oder weniger an der Wirklichkeit entlang geschrieben sind, sondern gerade diejenigen, in die Hein die Arbeit der Fiktion investiert hat. Der Protagonist des Buches ist der Vater des Toten, Richard Zurek, ein staatsgläubiger und demokratietreuer Lehrer und Schulrektor, der an Disziplin und Ordnung glaubt und der seine Schüler mit ihrem Mißtrauen gegen den deutschen Staat und seine Politiker im besten Falle für naiv, im schlimmsten für Idioten hält. Vor dem Tod seines Sohnes stehen für ihn die Gerechtigkeit der staatliche Ordnung und die Aufrichtigkeit ihrer Repräsentanten fraglos fest; nach den – aus seiner Perspektive – »ungeklärten« Ereignissen von Kleinen entwickelt Richard Zurek zunehmend Zweifel an seiner bisheriger Haltung.

Letztlich geht dieser umstürzende Prozess soweit, dass Richard Zurek in einer pathetischen und nicht unkomischen Szene seinen Eid als Beamter öffentlich widerruft. Diese Wandlung Richard Zureks vom Paulus zum Saulus ist gleichbedeutend mit einer religiösen Wandlung: Sein Glaube an den Staat wird abgelöst von seinem unbedingten Glauben an die Unschuld seines Sohns, seine abstrakte Treue zum Staat abgelöst von der konkreten Liebe zu seinem Sohn. Zurek scheint erst am Tod seines Sohnes klar zu werden, welche Macht familiäre Bindungen über den Menschen haben. Diese innere Wandlung Zureks ist zugleich Trauerarbeit: Es ist kein kleiner Augenblick des Romans, wenn Zurek nach dem Ende des letzten Prozesses in der Sache seines Sohnes feststellt: »Ich glaube, ich habe erst heute verstanden, dass er tot ist.« [S. 263]

Die interessanteste Figur des Romans ist aber wahrscheinlich nicht der Protagonist Richard Zurek, sondern seine Frau Rike. Bedingt durch die weitgehend personale Erzählweise des Romans erscheint sie beinahe als eine Randfigur, erweist sich in einigen wenigen starken Szenen als eine praktische und in der Wirklichkeit verwurzelte Person, der es gelungen ist, ihren idealistischen Ehemann mit ihrer Klugheit durchs Leben zu bringen, ohne ihn ändern zu wollen oder zu bevormunden. Man lernt ein wenig bedauern, dass Rike Zureks Geschichte in weiten Teilen des Buches durch die ihres Mannes verdeckt und überschrieben ist. Aber man kann auf 270 Seiten nicht alles haben.

Christoph Hein: In seiner frühen Kindheit ein Garten. (Frankfurt/M.: Suhrkamp, 2005.) Frankfurt/M.: Suhrkamp Taschenbuch Verlag, 2006. Broschur, 270 Seiten. 8,90 €.